Neues
Gerufen
"Es gibt Momente in unserem Leben, da trifft uns ein Ruf - und wir sind nicht bereit. Wir finden alle möglichen Ausreden und Gründe, untätig zu bleiben oder zögerlich abzuwarten, obwohl es doch darauf ankäme, zu tun, was jetzt ansteht, auch wenn Neues verlangt ist ..." (S. 97)
Das gilt ganz besonders dann, wenn es Gott ist, der uns sucht, der uns ruft.
Chandidas, ein indischer Mystiker aus dem 15. Jahrhundert, fasst es in ein Bild:
"Er kam, mich zu suchen.
Finster war die Nacht,
wolkenverhangen der düstere Himmel.
Er kam auf einsamem Pfad, regendurchnässt.
Ich war mit meinen Freunden zusammen,
spielte mit meinen Kindersachen.
Ich ging nicht hin, ihn zu treffen.
Er kam und blieb unter den Bäumen,
regendurchnässt." (S. 97 f.)
Gott sucht den Menschen, aber er erzwingt keine Antwort. Er wartet geduldig, wie es der Liebe eigen ist. Er bittet:
"Mach auf, meine Schwester und Freundin,
meine Taube, du Makellose!
Mein Kopf ist voll Tau,
aus meinen Locken tropft die Nacht."
Doch es kommt die Antwort:
"Ich habe mein Kleid schon abgelegt,
soll ich es wieder anziehen?
Die Füße habe ich gewaschen -
soll ich sie wieder beschmutzen?" (Hoheslied 5,2-3)
Wir zögern, Fragen und Zweifel bedrängen uns: Wo kommen wir da nur hin? Wohin wird das noch führen? Was haben wir davon?
Aber um das zu erfahren, bleibt uns nichts anderes übrig, als es mit Ihm zu wagen. Denn nur dann werden wir erfahren,
"was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat,
was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist:
das Große, das Gott denen bereitet hat,
die Ihn lieben." (1 Kor 2,9)
(Zitate aus dem Buch von Christian de Chergé, Neu entbrennen. Impulse aus dem Hohenlied)