Neues
Ein anderes Netz
Jesus drückt dem Fischer Simon ein anderes Netz als das gewohnte in die Hand mit den Worten: "Ich will dich zum Menschenfischer machen." Diese Metapher kehrt die natürlichen Verhältnisse um: Wer bei solcherart Fischfang aus dem Meer ans Ufer gebracht wird, der stirbt nicht, sondern wird dem Tod entrissen und gewinnt das Leben.
"Meer" in seiner Bodenlosigkeit und Abgründigkeit ist die biblische Chiffre für die rein diesseitig orientierte, in den Untergang hinabreißende Welt. Aus ihr rettet das Netz, das Gottes Geist in sie hineinsenkt, das seine Liebe unter den Menschen knüpft und an dem wir als Jünger Jesu, von seinem Geist ermächtigt und gedrängt, mitknüpfen dürfen, um alle vom Untergang Bedrohten in Gottes Reich, in den Bereich Liebe, hineinzuziehen, an das Gestade der bleibenden Welt hinüber, wie es die Perikope Johannes 21 von der Erscheinung des Auferstandenen am Ufer des Sees Gennesaret symbolisch verdeutlicht.
Die im Netz der Liebe Gefangenen aber treten ihrerseits sogleich in den Fischerdienst, bilden und knüpfen neue Knoten und Maschen in diesem Netz und helfen es auswerfen. Dass sie die Freiheit dazu erlangt haben, ist Frucht der Geborgenheit, die sie erfuhren und beständig weiter erfahren.
(aus: Heinrich Spaemann, Stärker als Not, Krankheit und Tod. Freiburg 1981, 57f.)