Kloster Gethsemani

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Der Auferstandene erscheint

"Warum seid ihr so bestürzt?" - Das Erscheinen Jesu löst nicht sofort große Freude bei den Jüngern aus. Im Gegenteil!

Jesus ist verwandelt, verherrlicht, nicht einfach derselbe. Er lebt jetzt in der Welt Gottes und tritt aus dieser heraus, um sich seinen Jüngern zu offenbaren. Deswegen spricht die Heilige Schrift von Erscheinungen. Wie Gott zum Beispiel Mose im brennenden Dornbusch erschienen ist, so tritt der Auferstandene seinen Jüngern gegenüber. Das erklärt auch ihr Entsetzen, das zu Erscheinungen Gottes dazugehört. Ostern bedeutet ein Mysterium, ein Geheimnis, das uns erzittern und staunen lässt. Als "Mysterium tremendum et fascinosum", als erschreckend und anziehend zugleich, wird Gott philosphisch bezeichnet.

Der auferstandene Herr, der unseren Horizont weit übersteigt, tritt in unsere kleine Lebenswelt ein. Das fordert Ehrfurcht und erregt Erschaudern. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die erste Reaktion der Jünger auf die Begegnung mit dem österlichen Herrn Bestürzung ist.

Wie würden wir reagieren? Wir würden uns die Augen reiben: Sehe ich recht? Bilde ich mir etwas ein? Handelt es sich hier um einen Geist? Aber Jesus ist kein Geist, wie die Jünger meinen. Der Auferstandene ist derselbe, den die Jünger in seinen irdischen Tagen gekannt haben, der jetzt aber nicht mehr an Zeit und Raum gebunden ist.

Behutsam führt Jesus die Jünger hin zu der Erkenntnis, dass er kein Geist, kein Gespenst ist: "Seht meine Hände und Füße an: Ich bin es selbst!" - Warum gerade die Hände und Füße? Weil an ihnen die Spuren der Kreuzigung sichtbar sind. Jesus lädt seine Jünger sogar dazu ein, ihn anzufassen. Er ist kein Geistwesen, sondern eine Person. Und als ob es noch eines weiteren Beweises für seine Gegenwart bedürfte, lässt sich Jesus Fisch reichen und isst den Fisch. Da erst beginnen sie zu begreifen. Da erst verstehen sie: Jesus ist wirklich auferstanden!

Von jetzt an siegt die Gewissheit über alle anfänglichen Zweifel. Von jetzt an werden sie es überall bezeugen können, "allen Völkern, angefangen in Jerusalem".

Die Jünger haben den Auferstandenen ganz direkt erfahren. "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben", sagte Jesus zu Thomas. Die Statistiken sagen, dass viele Menschen in unserem Land nicht mehr an Ostern glauben können. Hier empfiehlt sich aber Vorsicht! Denn viele Menschen sind doch der Meinung, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist: Irgendwie und irgendwo geht es doch weiter. Etwas muss es geben.

Wie wichtig ist es, dass in der kirchlichen Verkündigung an dieses "Etwas" angeknüpft wird. Behutsam soll sie umgehen mit dem Ostergeheimnis und es nicht abwürgen mit Kitsch- bildern menschlicher Vorstellungen und Phantasien. In der Tat: "Irgendwie, irgendwo" geht es weiter nach unserem Tod. Wichtig ist vor allem, dass der Osterglaube unseren Alltag trägt und wir ihn mit unserem Leben bezeugen.

(Predigt von Dom Chris am 3. Ostersonntag zu Lukas 24,35-48)